Dein Smart TV überwacht dich heimlich: So schaltest du die versteckte Spionage-Funktion aus

Dein Smart TV ist schlauer, als du denkst – und das ist nicht unbedingt eine gute Nachricht. Während du abends entspannt deine Lieblingsserie streamst oder ein Spiel über die Konsole zockst, arbeitet im Hintergrund eine Technologie, von der die meisten Nutzer noch nie gehört haben: ACR, kurz für Automatic Content Recognition. Diese Funktion analysiert kontinuierlich, was auf deinem Bildschirm läuft, und sendet diese Informationen an den Hersteller. Das Pikante daran? Die Opt-out-Mechanismen sind tief in den Einstellungen versteckt und für Nutzer schwer zu finden. Nicht umsonst hat Texas verkauft TV-Hersteller wegen ACR, weil der Bundesstaat darin ein massives Überwachungsproblem sieht.

Was genau macht ACR auf deinem Smart TV?

Automatic Content Recognition funktioniert wie ein digitaler Fingerabdruck-Scanner für Videoinhalte. Die Technologie nimmt in regelmäßigen Abständen Momentaufnahmen von dem, was du gerade ansiehst, erstellt daraus einen eindeutigen digitalen Code und gleicht diesen mit einer riesigen Datenbank ab. So erkennt dein Fernseher nicht nur, welchen Film du auf Netflix schaust, sondern auch, welche Sendung über den Kabelanschluss läuft oder welches Spiel du über deine PlayStation spielst.

Die Erfassungsfrequenz unterscheidet sich je nach Hersteller deutlich. LG-Smart-TVs nehmen beispielsweise alle zehn Millisekunden einen Frame auf und senden alle 15 Sekunden einen Fingerprint. Samsung-Geräte erfassen den Bildschirm alle 500 Millisekunden und übertragen etwa einmal pro Minute einen Fingerprint. Diese kontinuierliche Überwachung läuft im Hintergrund, meist ohne dass du etwas davon bemerkst.

Das wirklich Erstaunliche: ACR macht keinen Unterschied zwischen verschiedenen Quellen. Egal ob du Inhalte über eingebaute Apps streamst, klassisches Fernsehen schaust oder externe Geräte per HDMI anschließt – die Funktion erfasst alles, was über den Bildschirm flimmert. Internationale Forschungsteams haben nachgewiesen, dass ACR HDMI-Inhalte erfasst, selbst wenn der Smart TV als externes Display für DVD-Player, Fire TV Sticks oder Spielkonsolen verwendet wird. Der Smart TV protokolliert trotzdem fleißig mit, unabhängig davon, welches Gerät du angeschlossen hast.

Warum sammeln Hersteller diese Daten überhaupt?

Die Antwort ist simpel: Geld. Smart TVs sind heute oft erstaunlich günstig – manchmal verdächtig günstig. Ein hochwertiger 55-Zoll-Fernseher mit 4K-Auflösung für unter 500 Euro? Das war vor wenigen Jahren noch undenkbar. Hersteller können diese Preise unter anderem deshalb anbieten, weil sie nach dem Verkauf weiter an dir verdienen – durch den Verkauf deiner Sehdaten.

Diese Informationen sind für Werbetreibende Gold wert. Sie erfahren nicht nur, welche Sendungen du bevorzugst, sondern auch wann du fernsiehst, wie lange du bei bestimmten Inhalten bleibst und sogar, wann du umschaltest. Mit diesen Daten lassen sich extrem präzise Nutzerprofile erstellen, die dann für zielgerichtete Werbung verwendet werden.

Die unsichtbare Überwachung in deinem Wohnzimmer

Besonders problematisch wird es, wenn man bedenkt, dass ACR auch sensible Informationen erfassen kann. Schaust du Dokumentationen über Gesundheitsthemen? Interessierst du dich für politische Inhalte einer bestimmten Richtung? Siehst du häufig Finanzratgeber? All diese Informationen können Rückschlüsse auf deine persönliche Situation, deine Ansichten oder sogar gesundheitliche Probleme zulassen.

Hinzu kommt: Die gesammelten Daten werden oft nicht nur vom Hersteller selbst genutzt, sondern an Drittanbieter verkauft oder mit Partnern geteilt. In den ellenlangen Datenschutzerklärungen, die niemand liest, verstecken sich entsprechende Klauseln. Deine Sehgewohnheiten können so in Datenpools landen, über deren Verwendung du keine Kontrolle mehr hast.

Eine bemerkenswerte Ausnahme bilden allerdings die großen Streaming-Dienste. Bei Drittanbietern wie Netflix und YouTube ist die ACR-Technologie des TV-Herstellers in der Regel deaktiviert. Die genauen Gründe für diese Vereinbarungen sind nicht öffentlich bekannt, doch Forscher vermuten dahinter Absprachen zwischen den Streaming-Diensten und Geräteherstellern über Datenexklusivität.

So findest und deaktivierst du ACR auf deinem Gerät

Die gute Nachricht: Du kannst ACR abschalten. Die schlechte: Jeder Hersteller versteckt die Option an einer anderen Stelle und verwendet unterschiedliche Bezeichnungen. Bei Samsung läuft ACR unter dem harmlos klingenden Namen „Viewing Information Services“. Die Navigation unterscheidet sich je nach Baujahr deines Geräts. Bei älteren Modellen navigierst du zu den Einstellungen, dann zu „Support“ und weiter zu „Nutzungsbedingungen & Datenschutz“. Dort findest du die Option „Viewing Information Services“, die du deaktivieren kannst.

Für Samsung-Geräte ab Baujahr 2020 hat der Hersteller die Einstellungen vereinfacht. Die Option ist jetzt direkt im Einstellungsmenü unter „Datenschutzoptionen“ zu finden. Zusätzlich steht für Samsung Smart TVs ab 2016 die App „Privacy Choices“ zur Verfügung, die die Verwaltung aller Datenschutzeinstellungen erleichtert. Achte auch auf die Option „Interessenbasierte Werbung“, die du ebenfalls ausschalten solltest.

LG äußert sich offiziell nicht detailliert zu seinen ACR-Implementierungen, was die Suche nach den richtigen Einstellungen erschwert. Gehe zu „Einstellungen“, dann „Alle Einstellungen“, weiter zu „Allgemein“ und suche dort nach Optionen wie „Datenschutz & Nutzungsbedingungen“ oder ähnlichen Bezeichnungen. Deaktiviere hier alle Optionen, die mit Datenerfassung, Nutzungsanalyse oder personalisierter Werbung zu tun haben. Die genauen Bezeichnungen können je nach Modell und Softwareversion variieren.

Sony-Geräte nutzen „Samba Interactive TV“ als ihre ACR-Technologie. Unter „Einstellungen“ findest du den Punkt „Datenschutz“, wo du verschiedene Datenerfassungsdienste einzeln deaktivieren kannst. Achte speziell auf Einträge, die „Samba“ im Namen tragen, sowie auf die Option „Nutzungsbasierte Werbung“. Bei Vizio heißt die Funktion „Smart Interactivity“. Diese findest du unter „System“, dann „Reset & Admin“ und schließlich „Smart Interactivity“. Vizio wurde übrigens 2017 von der US-Wettbewerbsbehörde FTC verklagt, weil das Unternehmen ACR ohne Zustimmung der Nutzer verwendete.

Was passiert, wenn du ACR deaktivierst?

Viele Nutzer befürchten, dass ihr Fernseher nach der Deaktivierung von ACR nicht mehr richtig funktioniert. Diese Sorge ist unbegründet. Untersuchungen von Verbraucherschutzbehörden bestätigen, dass du ACR über die Datenschutzoptionen ablehnen kannst, ohne dass wesentliche Fernseh-Funktionen beeinträchtigt werden. Du kannst weiterhin alle Apps nutzen, streamen, fernsehen und externe Geräte anschließen. Forschungsteams haben nachgewiesen, dass ein Opt-out den Netzwerkverkehr zu ACR-Servern vollständig stoppt.

Einige wenige Features könnten allerdings beeinträchtigt sein. Manche Smart TVs bieten personalisierte Empfehlungen basierend auf deinem Sehverhalten – diese werden dann generischer. Auch automatische Kanalerkennungen oder programmspezifische Zusatzinformationen könnten nicht mehr zur Verfügung stehen. Doch seien wir ehrlich: Die meisten dieser Funktionen nutzen wir ohnehin kaum.

Weitere Maßnahmen für mehr Privatsphäre

Das Ausschalten von ACR ist ein wichtiger erster Schritt, aber nicht die einzige Möglichkeit, deine Privatsphäre zu schützen. Überprüfe in den Einstellungen alle Punkte, die mit Datenschutz, Analyse, Diagnose oder personalisierter Werbung zu tun haben. Oft verstecken sich hier mehrere Optionen, die unabhängig voneinander aktiviert sind.

Ein radikaler, aber effektiver Ansatz: Verbinde deinen Smart TV gar nicht erst mit dem Internet. Nutze stattdessen einen externen Streaming-Stick oder eine Set-Top-Box. Diese Geräte sammeln zwar auch Daten, aber immerhin nur über die Inhalte, die du über sie abrufst – nicht über alle HDMI-Quellen. Außerdem hast du bei einem Stick mehr Kontrolle und kannst ihn bei Bedarf einfacher durch ein datenschutzfreundlicheres Modell ersetzen als einen ganzen Fernseher.

Wer technisch versiert ist, kann auch einen Pi-hole einrichten – ein netzwerkweiter Werbeblocker, der auf einem Raspberry Pi läuft. Dieser kann viele der Tracking-Verbindungen, die Smart TVs aufbauen, bereits im Netzwerk blockieren, bevor Daten dein Heimnetzwerk verlassen. Die Erkenntnis, dass moderne Smart TVs weit mehr als nur Anzeigegeräte sind, sollte jeden Nutzer zum Nachdenken anregen. ACR ist nur die Spitze des Eisbergs in einer Welt, in der Geräte zunehmend zu Datensammlern werden. Der bewusste Umgang mit diesen Technologien ist kein Zeichen von Paranoia, sondern von digitaler Mündigkeit. Nimm dir die zehn Minuten Zeit, deine Einstellungen zu überprüfen – deine Privatsphäre ist es wert.

Wusstest du dass dein Smart TV dich überwacht?
Ja und ich habe ACR deaktiviert
Ja aber ich wusste nicht wie
Nein das ist mir neu
Mir ist das egal
Mein TV ist offline

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